Don't forget - der Bosnienkrieg

Don't forget - der Bosnienkrieg

Hanna

Bosnien und Herzegowina ist kein typisches Reiseland. Das hat auch viel damit zu tun, dass das Land noch immer unter den Folgen des Krieges vor etwas mehr als 20 Jahren (1992 - 1995) leidet. Vielen von euch sagt das Massaker in Srebrenica und die Belagerung von Sarajevo etwas. Etwas weniger bekannt ist auch die Zerstörung der alten Brücke in Mostar 1993 wodurch die muslimische Bevölkerung isoliert wurde (Bild). Das Land stellt man sich durch diese Geschichten leicht ein bisschen trostlos vor, quasi wie durch einen Graufilter.

Tatsächlich ist Bosnien und Herzegowina heute auf den ersten Blick ein ganz normales europäisches Land. In Sarajevo und Mostar gibt es (zu) viele Souvenirläden, kaum ein Café ohne Wi-Fi, zahllose Unterkünfte und sogar dm-Drogeriemärkte.

Was viele aber nicht wissen ist, dass Bosnien und Herzegowina ein geteiltes Land ist. Nur 50% des Landes gehört zur Föderation Bosnien und Herzegowina. 49% bilden die Republika Srpska. Das letzte Prozent gehört zu beiden Teilrepubliken. Die Teilung schien 1995 die einzige Möglichkeit, den immer weiter eskalierenden Krieg zwischen den serbischstämmigen und muslimischen Einwohnern zu beenden.

Bei den Einheimischen ist der Krieg immernoch Thema. Wir haben eine Frau getroffen, die mit 11 Jahren von ihrer Familie getrennt wurde und für mehrere Jahre keinen Kontakt zu ihren Eltern herstellen konnte, also nicht wusste ob sie noch am Leben sind.

Eine andere Frau die wir getroffen haben, hat im Grundschulalter für mehr als 3 Jahre mit ihere Familie in einem Keller in Sarajevo gelebt. Ernährt haben sie sich von Reis mit Maden und glibberigem Konservenfleisch. Und da es beim Verlassen des Kellers immer die Gefahr gab, von Heckenschützen beschossen zu werden, gab es nur 2 Stunden improvisierte Schule am Tag. Die junge Frau die uns das erzählte, ist heute knapp 30, spricht hervorragendes Englisch und ist gut gelaut und weltoffen. Vor allem aber teilt sie die Haltung die man vielerorts sieht und hört: “Don’t forget but forgive” (Vergiss nicht, aber vergib). Diese Haltung ist alles andere als selbstverständlich, denn allein bei der Belagerung von Sarajevo sind etwa 11.000 Menschen getötet, die meisten davon Zivilisten und ein sechstel davon Kinder. Das zu vergeben ist nicht einfach.

Was die Menschen, die mit uns über den Krieg gesprochen haben auch gemeinsam haben ist: sie wissen nicht mehr so ganz genau was eigentlich genau passiert ist und wie es zu dieser Eskalation kam. Tatsächlich ist die Geschichte mehr als verworren, aber genau deshalb auch Wert sich damit zu beschäftigen. Man lernt dabei auch viel über Menschen und macht sich die Grausamkeit von Krieg und die Zerbrechlichkeit von Frieden bewusst.

Die 6-teilige Dokumentationsreihe “the Death of Yugoslavia” (deutsch “Bruderkrieg - Der Kampf um Titos Erbe”, hier alle 6 Teile auf YouTube) wurde kurz nach dem Krieg vom BBC produziert und erklärt die Zusammenhänge sehr gut. Manche Entwicklungen sind so unfassbar, dass man kopfschüttelnd davor sitzt.

Außerdem gibt es von DRadio Wissen eine sehr gute, etwa einstündige Sendung zum Bosnienkrieg.